Wie lässt sich das realisieren? Und was bedeutet Lebenswelt?
Der Begriff “Lebenswelt” wird oft benutzt, um eine Kombination aus beispielsweise der Lebenslage, der Lebenssituation und der Sozialisation von Menschen zu beschreiben. Im Sinne der Kind- und Jugendorientierung bezieht sich Lebenswelt auf die Individualität von Kindern und Jugendlichen und deren persönliche Wahrnehmung ihres Lebens. Die Lebenswelt wird somit nicht von außen zugeschrieben. Das sozialwissenschaftliche Konzept der Lebensweltorientierung stammt aus der Sozialen Arbeit und bietet mit seinen Prinzipien der Alltagsnähe, Sozialraumorientierung, Inklusion und Partizipation praxisnahe Ansätze zur Verwirklichung von lebensweltorientierter Ganztagsbildung.
Im Grundlagenerlass des Ministeriums für Schule und Weiterbildung des Landes NRW wird betont, dass die Entwicklung der Persönlichkeit, der Selbst- und Sozialkompetenzen, der Fähigkeiten, Talente und Fertigkeiten im Rahmen von ganztägiger Bildung gestärkt werden sollen. Diese Ziele können durch das Einbeziehen der Lebenswelten von Kindern und Jugendlichen sowie durch das Anerkennen von Unterschiedlichkeit erreicht werden.
Konkretisierung des Themas
Ein Einblick in die Lebenswelten kann über die sozialen Beziehungen, die familiären Konstellationen, die soziokulturelle Umwelt, die Freizeitgestaltung und die Medienwelten von Kindern und Jugendlichen erfolgen. Wenn Fach- und Lehrkräfte in Ganztagsschulen wissen, was Interessen, Bedarfe und Bedürfnisse der Schüler*innen sind, kann dies in die Ausgestaltung von Ganztagsbildung einbezogen werden.
Um herauszufinden, wie sich die Lebenswelten von Kindern und Jugendlichen gestalten, können und sollten zwei Zugänge verfolgt werden:
Orientierung an empirischen Erhebungen
Dazu zählen unter anderem die Kinder- und Jugendberichte des Bundes und der Länder, Studien zu den Wertvorstellungen/zum Freizeitverhalten von Kindern und Jugendlichen. Aber auch Erkenntnisse der Bezugswissenschaften, beispielsweise der Entwicklungspsychologie, Erziehungswissenschaften, Sozialpädagogik, Soziologie etc. geben Hinweise zu den Lebenswelten von Kindern und Jugendlichen.
Offenheit für die Interessen und Themen der Kinder und Jugendlichen
Zum anderen geht es darum, konkret nachzufragen, was junge Menschen brauchen und was sie beschäftigt. Wenn möglich, kann dies über Befragungen von Schüler:innen geschehen, aber auch beteiligungsorientierte Methoden wie eine Zukunftswerkstatt ermöglichen es, die Visionen und Vorstellungen von Kindern und Jugendlichen in Erfahrung zu bringen. Davon ausgehend können dann die Rahmenbedingungen und die Ausgestaltung der Ganztagsschule an an die Bedürfnisse und Bedarfe aller angepasst werden. Diese können sich zum Beispiel beziehen auf:
- AG-Angebote
- Gestaltung von Räumlichkeiten
- Ruhephasen und Bewegungsangebote
- Individuelle Förderung
- …
Exemplarisch wird für zwei Bereiche aufgezeigt, wie Ganztagsschule lebensweltlich gestaltet werden kann.
Medienwelten einbeziehen, beispielsweise über
- Peer to peer Projekte: Medienscouts
- Medienpädagogische Präventionsprojekte
- Videokonferenzen mit Partnerklassen
- Social Media Trends aufgreifen, kritisch einordnen (TikTok, Instagram)
- Medienkompetenzrahmen NRW einbinden
Soziokulturelle Umwelt einbeziehen, z. B. über
- Kulturpädagogische Projektarbeit
- Kreative Angebote im AG-Bereich
- Kooperationen mit Musikschulen
- Arbeitsstelle Kulturelle Bildung in Schule und Jugendarbeit NRW
Voraussetzung für eine Lebensweltorientierung in der Ganztagsbildung ist die Partizipation von Kindern und Jugendlichen. Die Eröffnung von Mitbestimmungsmöglichkeiten und damit das Erfahren von Selbstwirksamkeit führen dazu, dass alle Beteiligten gemeinsam eine kind- und jugendorientierte Lern- und Schulkultur gestalten.